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Anlaufstelle, für Männer* und TIN*, die in Kindheit, Jugend oder als Erwachsene sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren

© 2015 Tauwetter e.V.

Der Fonds sexueller Missbrauch und das Ergänzende Hilfesystem sind eins der Ergebnisse des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich". Betroffene von sexualisierter Gewalt in ihrer Kindheit und Jugend können hier unter bestimmten Umständen einen Antrag stellen. Es können Leistungen wie Psychotherapien (auch solche, die die Krankenkasse nicht oder nicht mehr zahlt), Komplementär- und Fachtherapien (Kunsttherapie, Reittherapie u.ä.), Fort- und Ausbildungen, Kosten zur individuellen Aufarbeitung, Heil- und Hilfsmittel etc. beantragt werden. Pro Person beträgt die beantragbare Summe maximal 10.000 Euro. (Ausnahme ist ein behinderungebdingter Mehrbedarf bei bewilligten Leistungen.) Prinzipiell ist alles beantragbar, was Folgen der Gewalt lindern kann!

Was ist der Fonds Sexueller Missbrauch (FSM)? Wer kann was beantragen?

Der Fonds sexueller Missbrauch ist zuständig für Hilfeleistungen nach sexualisierter Gewalt in Familien bzw. dem familiären Umfeld (Babysitter*in, Nachbar*in o.ä.).

Um einen Antrag beim Fonds sexueller Missbrauch stellen zu können, muss ich innerhalb der Familie oder dem familiären Umfeld sexualisierte Gewalt erfahren haben. Ich muss zum Zeitpunkt der Tat minderjährig gewesen sein und sie muss auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder der Deutschen Demokratischen Republik stattgefunden haben.

Was ist das Ergänzende Hilfesystem (EHS)?

Auch Betroffene, die in ihrer Kindheit oder Jugend in Institutionen sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, können Anträge auf Hilfeleistungen stellen. Diese müssen an die Geschäftsstelle des Fonds sexueller Missbrauch gerichtet werden, sie sind aber Teil des Ergänzenden Hilfesystems. Es wird in einem  Entscheidungsgremium (Clearingstelle) der Geschäftsstelle des Fonds Sexueller Missbrauch eine Entscheidung über den Antrag gefällt und diese dann an die jeweiligen Institutionen weiter geleitet. Dabei werden Angaben wie Namen und Adresse der Betroffenen und auch wer war Täter(*in) an die Einrichtung weitergeleitet, damit diese eine Stellungnahme abgeben kann. Die Antragsteller*innen bleiben also gegenüber der Einrichtung nicht anonym. Die Einrichtungen haben sich freiwillig verpflichtet, der Entscheidung der Clearingstelle nach zu kommen.

Anträge wegen sexualisierter Gewalt in Institutionen und Einrichtungen können nur bearbeitet werden, wenn sich die Institutionen oder Träger der Einrichtuingen am Ergänzenden Hilfesystem beteiligen. Welche Institutionen und Länder aktuell Verträge mit dem Fonds haben, findet sich auf der Seite des Fonds www.fonds-missbrauch.de

Welche Leistungen werden bezahlt?

Grundsätzlich können mehrere Arten von Leistungen bis zu einer Gesamthöhe von 10.000€ übernommen werden

  • psychotherapeutische Hilfen, die über das von den Krankenkassen finanzierte Budget hinaus gehen
  • Übernahme von Kosten zur individuellen Aufarbeitung (Fahrten zum damaligen Tatort, Teilnahme an Selbsthilfegruppen, ...)
  • Unterstützung bei besonderer Hilfsbedürftigkeit (medizinische Hilfsmittel, Rollstuhl etc.)
  • Beratungs- und Betreuungskosten
  • Weiterbildung und Qualifizierungsmaßnahmen
  • Besondere Härtefälle
  • Reise- und Übernachtungskosten

Das bedeutet, dass es möglich ist, eine Reihe von Leistungen zu bekommen, die normalerweise nicht übernommen werden. Es ist also wichtig, sich von den eingefahrenen Bahnen zu lösen und Gedanken zu machen, was mir wirklich hilft und gut tut.

Geldleistungen und Entschädigungen werden nicht gezahlt

Welche Bedingungen müssen dafür erfüllt sein?

Im Prinzip muss ich plausibel darlegen,

  1. dass ich sexualisierte Gewalt in der Familie (oder in einer Einrichtung s.o.) erleben musste
  2. dass ich heute unter den Folgen dieser Gewalt in einer bestimmten Art und Weise leide
  3. dass das, was ich beantrage, genau diese Folgen lindert und mir hilft.

Um meine eigenen Angaben zu untermauern kann ich (muss aber nicht) Belege anbringen. Das können ganz verschiedene Dinge sein. Da gibt es offizielle Dokumente, wie Akten oder Klinikberichte, aber auch für diesen Antrag erstellte Bescheinigungen von eine*r Mediziner*in oder eine*r Therapeut*in. Und wenn ich keine anderen Belege über die sexualisierte Gewalt habe, dann kann auch ein schriftlicher Berichte eine*r Freund*in sinnvoll sein. Es ist hier ebenfalls wichtig, auch mal kreativ zu überlegen, welche „ungewöhnlichen" Belege es geben könnte. Ich muss hier nicht die Polizei überzeugen und gerichtsfeste Beweise anschleppen, sondern einer Clearingstelle plausibel machen, warum ich was beantrage.

Wichtig werden Belege dann, wenn ich außergewöhnliche Dinge beantrage. Ein Beispiel: Wenn ich beantrage, zu einem tibetanischen Lama ins Kloster in Tibet zu fahren, um über die sexualisierte Gewalt zu sprechen, dann sollte ich genauer darlegen und am besten auch irgendwie belegen, warum und wie mir das konkret hilft. Das könnte z.B. sein, weil der*die Täter*in auch Buddhistin war und die Verurteilung der Tat durch einen hochrangigen Geistlichen derselben Religion für meine Verarbeitung zentral ist. Wenn ich dann noch begründe, warum es hier keinen entsprechenden Geistlichen gibt und warum das nicht schriftlich geht, habe ich eine gute Argumentation. Und erst recht wenn mein*e anerkannte Psychotherapeut*in das schriftlich befürwortet, ...

Aber erschlagt die Mitarbeiter*innen nicht mit Papier und Informationen. Versucht euch zu überlegen, was wirklich für die Kette "Sexualisierte Gewalt - Auswirkung - Hilfe" sinnvoll ist. Wenn ihr alle Probleme aufzählt, die ihr jemals hattet, kann am Schluss niemand mehr erkennen, wogegen die beantragten Dinge helfen sollen. Es geht bei dem Antrag nicht darum, euer Leben zu schildern, sondern eine beantragte Leistung zu begründen. Eine zielstrebige Argumentation ist da hilfreich.

Inzwischen hat die Geschäftsstelle viel Erfahrung, was häufige Auswirkungen sexualisierter Gewalt sind und welche Dinge helfen. Deshalb entscheiden inzwischen über die meisten Anträge die Mitarbeiter*innen der Geschäftstelle und nur bei Unklarheiten eine Clearingstelle.

Nur nachrangige Leistungen!

Im „Ergänzenden Hilfesystem" kann ich nur Leistungen beantragen, für die ich von anderer Seite kein Geld bekomme. Wenn ich also woanders Ansprüche habe, soll ich die als erstes geltend machen. Der Gedanke ist naheliegend: Das System soll eine „Ergänzung" zum bestehenden sein.

Wo kann ich einen Antrag bekommen und stellen?

Anträge lassen sich auf der Homepage www.fonds-missbrauch.de  finden. Dort befinden sich auch die Leistungsleitlinien. Es ist auf alle Fälle sinnvoll, sich dort um zu gucken.
Der fertige Antrag geht dann an die Geschäftsstelle Fonds Sexueller Missbrauch, Glinkastraße 24, 10117 Berlin.

Wer berät mich dabei?

Adressen von Stellen, die bei dem Ausfüllen eines EHS-Antrags beraten, finden sich auf der Homepage www.fonds-missbrauch.de.

Es ist sinnvoll, sich vor einem Beratungstermin den Antrag runter zu laden und mal durchzugucken. Aber auch, wenn ich alles schon selber ausgefüllt habe und meine alle Unterlagen zusammen zu haben, kann ich in eine Beratung gehen und das dort mal auf Vollständigkeit überprüfen zu lassen.

Die Beratungsstellen sind unabhängig und keine Teile des Ergänzenden Hilfesystems.

Wo bekomme ich weitere Informationen?

Im Internet ist die Seite des Fond sexueller Missbrauch die zentrale Anlaufstelle. Es ist auch möglich telefonisch Fragen los zu werden: 0800 / 4001050.

Letzter Eintrag: 07.12.2023

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10961 Berlin
030 - 693 80 07

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